Nachdem ich im letzten Jahr schon Zweiter bei diesem Lauf wurde war klar – ich muss in diesem Jahr nochmal zum Spartathlon. Diesmal standen die Vorzeichen für mich vor dem Lauf nahezu optimal. Das Training verlief sehr gut, was sich auch in den regelmäßigen Leistungsdiagnostiken zeigte; in fast allen Unterdistanzen konnte ich mich verbessern und ich hatte noch keinen einzigen ganz langen Lauf in 2014 in den Beinen. Der letzte Punkt war zwar so nicht geplant, da sich das nur aus der Absage der 24-h-WM durch die IAU so ergab. Nach zwölf Monaten ohne einen ganz langen Wettkampf war ich in diesem Jahr dafür extrem heiß auf den Spartathlon, da ich in den Wochen vor dem Lauf eigentlich schon spürte, dass es nur gut laufen kann. Das persönliche Ziel war mit der Verbesserung der besten jemals von einem Deutschen gelaufenen Zeit von 24:20 h auch schnell definiert. Geträumt habe ich still und heimlich aber eher davon, die 24-h-Marke zu knacken. Auf solch einer abwechslungsreichen Strecke, was Profil, Untergrund und Temperaturen betrifft, ist es ziemlich schwer, die richtige Strategie festzulegen. Deshalb habe ich als Referenzwert meine Zwischenzeiten vom letzten Jahr bei den großen Checkpoints herausgeschrieben. Nun war es also soweit und ich stand mit 370 anderen Läufern aus etwa 40 Nationen vor der Akropolis, wo um 7:00
Laufen auf der Standspur
Auf der Küstenstraße nach Korinth
Uhr der Startschuss erfolgte. Das Ungewöhnliche in diesem Jahr war die Tatsache, dass es tatsächlich regnete, allerdings hörte es schon kurz nach dem Startschuss wieder auf. Mein Plan für den ersten Abschnitt bis Korinth bei Kilometer 80 war es, kontrolliert zu laufen und vor allem auf eine ausreichende Ernährung zu achten. Konkret war es mein Plan, Kilometer 80 in einer Zeit zwischen 7:00 h und 7:10 h zu passieren. Diesmal habe ich auch ziemlich schnell die richtige Pace getroffen und habe die Vorgaben auf meinem Spickzettel teilweise auf die Sekunde genau erfüllt. Wie immer sind die ersten 20 Kilometer beim Spartathlon ziemlich unattraktiv, da man ständig auf/neben stark befahrenen Straßen läuft und der Lärm auf Dauer ganz schön nervt. Umso mehr freue ich mich jedes Jahr, wenn es dann endlich auf die herrliche Küstenstraße geht. Etwa ab Kilometer 50 wurde dann tatsächlich das war, was ich mir vor dem Lauf gewünscht hatte – es fing richtig an zu regnen. Im Vorfeld der Veranstaltung habe ich jeden Tag in den Wetterbericht geschaut, da ich im Verhältnis zu einigen anderen internationalen Läufern kein sonderlich guter Hitzeläufer bin. Etwas unglücklich nur, dass ich nur drei Kilometer vorher, statt eine Regenjacke bei den Betreuern mitzunehmen, mich im Schnelldurchlauf mit Sonnencreme eingeschmiert hatte. Durch den Wind war es im Regen doch etwas arg ungemütlich und der nächste Checkpoint an dem man wieder Support durch die eigene Crew entgegennehmen durfte ist erst wieder Korinth, bei Kilometer 80. Das Problem hat sich jedoch schneller als mir
Kanal von Korinth
lieb war gelöst, da die Sonne bald wieder ordentlich runterballerte. Letztendlich erreichte ich Korinth nach 7:02 h und somit neun Minuten schneller als im letzten Jahr. Allerdings geht das Rennen in Korinth erst richtig los, denn auf dem folgenden Abschnitt bis Alt-Nemea bei km 124, hatte ich letztes Jahr schon ein erstes großes Tief, was ich diesmal unbedingt vermeiden wollte. Auf diesem Abschnitt hatte ich es aber auch diesmal wieder als ziemlich warm empfunden, dennoch hatte ich das Gefühl gut voranzukommen. Die Landschaft finde ich hier zwischen Weinbergen, Obstplantagen und Olivenhainen besonders schön, allerdings hatte ich dafür während des Rennens nicht
Auch meine Mädels sind in Alt-Nemea noch gut drauf
wirklich viel übrig gehabt. In Alt-Nemea bei km 124 angekommen, verriet mein Spickzettel, dass ich schon 26 Minuten gegenüber dem letzten Jahr rausgeholt hatte und somit sehr gut im Plan lag. Allerdings war es jetzt höchste Zeit, dass die Sonne verschwindet. Nun folgte einer meiner Lieblingsstücke vom Spartathlon, denn in der Abenddämmerung läuft es in Richtung Sangaspass bei mir hier immer recht gut und flott. Jetzt kam auch endlich der Zeitpunkt, dass ich mich im Ranking nach vorne schob. Ich hatte mich schon ein wenig gewundert, dass ich kaum mehr andere Läufer überholt hatte, obwohl ich doch eigentlich selbst gut im Zeitplan lag. Dafür ging es jetzt Schlag auf Schlag und in Lyrkia bei km 148 erfuhr ich zu meiner eigenen Überraschung, dass ich schon auf dem 3. Platz lag. Nun stand der Sangaspass auf der Agenda. Die Passstraße bin ich komplett hochgelaufen, ohne den Puls völlig in die Höhe schießen zu lassen. Ein Blick auf halber Höhe hinunter in das Dörfchen verriet, dass der Vorsprung schnell angewachsen ist, denn ich sah nur einen Stirnlampen-Lichtkegel am Ortsausgang, aber nicht innerhalb der Serpentinen. War aber auch völlig egal, da ich mir ja vorgenommen hatte, mein eigenes Ding durchzuziehen. Das härteste Stück bis zum höchsten Punkt des Laufes befindet sich aber erst oberhalb des Checkpoints „Mountain Base“. Auf diesen gut zwei Kilometern geht es über geröllige und schmale Trails weiter hinauf. An wirkliches Laufen ist hier nicht mehr wirklich zu denken, so bin ich die steilen Stücke marschiert und nur wenn es kurzzeitig etwas flacher wurde locker gelaufen. Auf dem ebenfalls recht gerölligen Abstieg hatte ich es einfach locker laufen lassen ohne zu viel im Dunkeln zu riskieren. Nach dem Sangas geht es etwa 30 Kilometer fast ausschließlich über flaches Terrain in Richtung Alea Tegea (km 195). Dies stellte für mich eines der Hauptzwischenziele dar. Nach meinen Berechnungen im Vorfeld des Laufes war ich mir sicher, dass ich dort ungefähr zwischen 45 und 60 Minuten im Vergleich zum letzten Jahr herauslaufen müsste, um eine realistische Chance auf eine Zeit von unter 24 Stunden zu haben. Dementsprechend hatte ich jetzt im Flachen versucht, etwas Gas zu geben, was schnell dazu führte, dass ich den amtierenden 24-h-Weltmeister Jon Olsen (USA) überholte. Nun lag ich an der zweiten Position, so dass ich mich am nächsten Checkpoint dann doch mal nach dem Abstand zum Führenden erkundigt hatte – Ivan Cudin war hier schon vor fast einer Stunde vorbei gekommen. Dementsprechend war es für mich bereits 75 Kilometer vor dem Ziel klar, dass es ausschließlich um die Zeit geht. In Alea Tegea hatte ich es tatsächlich geschafft, insgesamt 55 Minuten im Vergleich zum letzten Jahr rauszulaufen. Das bedeutete, dass ich auf den letzten 50 Kilometern nach Sparta insgesamt 35 Minuten schneller als im letzten Jahr sein musste, um wirklich die 24 h zu knacken. 2013 hatte ich
Stärkung für die letzten 50 Kilometer
auf den letzten 50 Kilometern extrem viel Zeit liegen lassen, dementsprechend wusste ich, dass vor allem hier einiges rauszuholen ist. Dieser Abschnitt ist wirklich der unangenehmste vom ganzen Spartathlon, da man durchgehend an der Bundesstraße entlang läuft und es ständig bergauf und bergab geht. Außerdem wird es hier auch ganz schön einsam, da ich nun keinen anderen Läufer mehr zu Gesicht bekam und man im Gegensatz zur restlichen Laufroute hier auch keine Ortschaften mehr durchquert. Die kalten Temperaturen in der zweiten Nachthälfte tun ihr übriges, dass es hier definitiv keinen Spaß mehr macht, alleine mit Stirnlampe bewaffnet durch die Nacht zu rennen. Trotzdem kam ich viel besser als im letzten Jahr voran und eigentlich war ich mir auch total sicher, dass es für unter 24 h reichen muss. Ab dem letzten Checkpoint, bei dem man persönliche Betreuung entgegennehmen darf, hatte ich endgültig überhaupt gar keinen Bock mehr und wollte einfach nur endlich ankommen. Von da aus sind es nur noch neun Kilometer bis zum Ziel, aber in jedem Jahr zieht sich dieses Stück wie Kaugummi, obwohl es größtenteils bergab geht. Beim Blick auf die Uhr fünf Kilometer vor dem Ziel, wurde mir klar, dass das doch noch mal ganz schön eng werden könnte für unter 24 h. Eigentlich hatte ich jetzt echt überhaupt keine Lust mehr, nochmal das Tempo anzuziehen, doch so blieb mir nichts anderes übrig, wieder eine ordentliche Pace zu laufen. Die letzten drei Kilometer zogen sich und zogen sich und zogen sich und mit dem Blick auf die Uhr wurde ich langsam echt nervös. Umso größer war dann aber die Freude, als es endlich auf die Zielgerade ging und dementsprechend emotional war dann auch der Zieleinlauf in einer Zeit von 23:57:14 Stunden. Damit hat es tatsächlich geklappt, als erster Deutscher in der 32-jährigen Geschichte des Spartathlons die 24-h-Marke zu durchbrechen. Einziger Wehmutstropfen ist die Tatsache, dass es mit dieser Zeit trotzdem wieder „nur“ für Platz zwei gelangt hat. Ivan ist einfach unglaublich stark gelaufen und ich gönne ihn den Sieg zu 100 Prozent. Auch an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an meine Betreuercrew Nicole und Dany!
Endlich auf der Zielgerade!
Emotionen im Ziel…
Wieder gut erholt bei der Siegerehrung in Athen
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