Im Moment liegt meine 24-h-Bestleistung bei 261,7 Kilometern. Auch wenn dazu noch mehr als 14km fehlen, träume ich schon jetzt ein wenig von der Verbesserung des Deutschen Rekordes aus dem Jahr 1987. Eines ist dabei aber jetzt schon klar: Eine realistische Chance, die 276,209 Kilometer zu knacken, habe ich nur, wenn ich meine Bestzeiten auf den Unterdistanzen verbessere. Anderenfalls ist eine so große Steigerung im 24-h-Lauf eher unwahrscheinlich. Dementsprechend habe ich mir es für das Jahr 2014 fest auf die Fahnen geschrieben, an meinen Leistungen der kurzen Strecken zu arbeiten – irgendeinen guten Vorsatz braucht man ja zum Jahreswechsel 😉 _____________________________________________________________________________________________________________________ Teil 3 oder „Eine neue Bestzeit ist wie ein neues Leben!“
Für mich als Ultraläufer ergibt es sich nur ganz selten, dass ich mal einen „richtigen“ Marathon mit Ambitionen laufe. Immer dann, wenn ich gut in
Wenige Minuten vor dem Start
Form bin, steht irgendein 24-h-Lauf, Spartathlon oder Ähnliches an und mal einfach so aus dem Training kann man einen Marathon im Gegensatz zu einen 10er oder Halbmarathon auch nicht laufen. So bin ich in den letzten 4,5 Jahren lediglich einen ernsthaften Marathon gelaufen und zwar 2012 in Kandel. Damals sprang eine 2:46 h bei dem Lauf durch den Bienwald heraus, welche nun an gleicher Wirkungsstätte verbessert werden sollte. Mein Ziel war es im Vorfeld, eine Zeit von unter 2:40 h zu erreichen. Für meinen Zeitplan legte ich jedoch ein Tempo von 3:46min/km fest, was hochgerechnet eine 2:39 h bedeutet, um im Idealfall sogar diese Zeit zu knacken. Der Wettergott meinte es jedenfalls an diesem Tag richtig gut mit uns Läufern, denn es war wirklich kaum ein Wölkchen am Himmel zu sehen, als um 10:00 Uhr der Startschuss fiel. Für mich war es wichtig, auf den ersten Kilometern inmitten der gleichzeitig startenden Halbmarathonläufer nicht zu überziehen, so dass ich auf den ersten 5 Kilometern immer etwas hinter meinem Zeitplan lag. Dennoch konnte ich relativ bald einen gleichmäßigen Rhythmus finden. In Kandel gibt es die Möglichkeit, vor dem Rennen Eigenverpflegung für die einzelnen Versorgungsstellen zu deponieren. So habe ich mir auch für vier verschiedene Futterstellen mein Vitargo bereitstellen lassen. Allerdings werden die verschiedenen Snacks, Getränke und Gels natürlich nicht jedem Läufer einzeln gereicht, sondern auf einem Extratisch ausgelegt. So kam es bei Kilometer 10, wie es kommen musste: In einer Gruppe laufend, konnte ich meine Flasche nicht sehen. Im allerletzten Moment, als wir schon fast an dem Tisch vorbei waren, habe ich sie dann doch gerade noch erwischt, um kurz danach festzustellen, dass ich die ziemlich ähnlich aussehende Flasche verwechselt habe. Umkehren war leider keine Option und so hab ich das Ganze mit einigermaßem schlechten Gewissen auf ex leergezogen – hätte ich es an den Straßenrand
Mein Zeitplan für die 42,195 Kilometer
geschmissen, hätte ja auch niemand etwas davon gehabt. Das war zwar nicht mein Vitargo, müsste aber auch irgendein Kohlenhydratgetränk gewesen sein. Lieber rechtmäßiger Besitzer der Flasche, falls Du diese Zeilen hier liest möchte ich mich herzlich für meinen Diebstahl bei Dir entschuldigen. Gerne mache ich dieses Malheur durch die Einladung auf ein anderes Getränk wieder gut. Wahlweise kannst Du dich dann neben dem gleichartigen Kohlenhydratgetränk auch für Kaffee oder Bier entscheiden. Etwa ab Kilometer 12 wurde es auf der Strecke deutlich leerer, da dort der Wendepunkt für die Halbmarathondistanz positioniert war. Auf den folgenden Kilometern lief ich ein kleines bisschen flotter, um die knapp zehn Sekunden Rückstand auf meinen Zeitplan wieder aufzuholen. Am ersten Pendelstück bei Kilometer 18 konnte man sich dann einen ersten Überblick über die Rangfolge verschaffen. Erstaunt konnte ich feststellen, dass sich lediglich ein weiterer Läufer zusätzlich zu den beiden, die ich noch im Blickfeld hatte, vor mir befand. Nichtsdestotrotz zog ich meinen Stiefel konsequent durch, kam dem Drittplatzierten aber dennoch relativ schnell näher, um ihn kurz danach auch zu überholen. Die Halbmarathonmarke konnte ich dann nach 1:19:28h, exakt zwei Sekunden vor meinen Zeitplan, passieren. Kurz darauf lief ich dann auch schon
Foto: www.go4it.de
auf den Zweitplatzierten auf, doch ehe ich mich versah, wurde ich von einer dreiköpfigen Gruppe eingeholt, obwohl ich selbst nicht langsamer wurde. Die Jungs müssen sich in der ersten Hälfte wohl richtig zurückgehalten haben, um jetzt richtig aufzudrehen. Für mich war diese Situation jetzt aber gar nicht mal so schlecht, da es sich nun in der 4er-Gruppe relativ angenehm laufen lies. Nach etwas mehr als 30 Kilometern fiel unser Quartett jedoch auseinander, da es zu einer Tempoverschärfung von Martin Fischer und Hans-Jörg Dörr kam. Da der Vierte im Bunde reißen lassen musste, war ich nun mit meinem 3:46er Tempo wieder allein. Jetzt musste ich schon etwas mehr Druck machen, um die Pace zu halten, allerdings ging es mir den Umständen entsprechend immer noch recht gut. Spätestens ab Kilometer 35 habe ich begonnen, jeden Kilometer einzeln „runter zu zählen“. Bis Kilometer 38 lag ich immer noch exakt im Zeitplan, so dass ich mir mehr und mehr Hoffnungen auf eine Zeit unter 2:39 h machte. Allerdings schlug der berühmt berüchtigte Mann mit dem Hammer jetzt richtig zu: Nach 39km lag ich plötzlich 10 Sekunden hinter der Marschroute; bei
Kampf um jede Sekunde auf der Zielgerade. Foto: www.go4it.de
Kilometer 40 waren es 22 Sekunden. Jetzt ging es für mich nur darum, irgendwie eine Zeit von unter 2:40h ins Ziel zu retten. Zum Glück blieb der Rückstand auf den folgenden zwei Kilometern mit größtem Kampf jedoch konstant. Als ich ins Stadion einbog, wusste ich schon, dass das auf jeden Fall langen wird. Letztendlich blieb die Zeit für mich nach 2:39:21h stehen, was gleichzeitig den vierten Gesamtrang bedeutet. Natürlich könnte man sich jetzt über die undankbare Holzmedaille ärgern, ist mir aber völlig egal, da für mich absolut die Zeit bei diesem Lauf im Vordergrund steht. Mit dieser bin ich auf jeden Fall absolut zufrieden, da ich so meine Bestzeit immerhin um fast 7 Minuten steigern konnte. Auf der ca. 150 km langen Heimfahrt mit meiner besseren Hälfte, lief im Radio doch glatt ein bekannter Schlager, denn wir nutzten, um kurzer Hand „Eine neue Bestzeit ist wie ein neues Leben“ mit zu singen, äh … zu grölen. Einer der beiden Beteiligten kann aber definitiv besser laufen als singen …
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